Viele Jahre waren Online-Wahlen an der Ruhr-Universität Bochum aufgrund von Sicherheitsbedenken unvorstellbar. Erst die aufwendigen Briefwahlen und der Digitalisierungsschub während der Corona-Pandemie konnten die Hochschule zu einem Umdenken bewegen. Auch wenn die Umstellung mit enormen Herausforderungen verbunden war, sind sich heute alle einig: Der Wechsel auf internetbasierte Wahlen hat sich gelohnt.
Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) wurde 1962 als erste neue Universität in der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Mit rund 42.600 Studierenden aus 130 Ländern und 21 Fakultäten zählt sie zu den zehn größten Universitäten Deutschlands und bietet ein entsprechend breitgefächertes Studienangebot. Alle drei Jahre finden die Wahlen zum Senat und zu den Fakultätsräten für alle Mitgliedergruppen statt, wobei 2023 erstmals Online-Wahlen durchgeführt wurden.
Vorbehalte gegenüber Online-Wahlen
Ursprünglich hatten die Mitgliedergruppen der RUB ihre Gremien in Wahllokalen an den einzelnen Fakultäten gewählt. Zudem hatten sie die Möglichkeit, ihre Stimmen per Briefwahl zu übermitteln. Nachdem 2020 der erste Corona-Lockdown verhängt worden war, stellte die RUB das Wahlverfahren jedoch komplett auf Briefwahlen um – und sah sich plötzlich mit einem enormen Arbeitsaufwand konfrontiert, der das Wahlteam über alle Maße strapaziert hat.
erinnert sich Judith Ricken, die an der Ruhr-Universität Bochum unter anderem an der Organisation der Wahlen mitwirkt.„Wir im Wahlteam wollten eigentlich schon lange auf Online-Wahlen umsteigen, doch bisher hatte dafür an der Universität sowohl die Notwendigkeit als auch der Wille gefehlt. Dementsprechend sind wir bei diesem Thema in den Jahren vor Corona intern auf einen erheblichen Widerstand gestoßen“,
Dabei müsse man wissen, dass IT-Sicherheit zu den Forschungsschwerpunkten der RUB gehört und Online-Wahlen daher von manchen sicherheitsorientierten Studierenden äußerst skeptisch betrachtet wurden. Vor diesem Hintergrund konnten Vorbehalte niemals komplett ausgeräumt werden.
Erhebliche interne Herausforderungen
Erst die arbeitsintensiven Erfahrungen mit den reinen Briefwahlen und das beschleunigte Digitalisierungstempo durch Corona machten es möglich, das Thema Online-Wahlen an der Universität noch einmal neu zu diskutieren. Herausforderungen gab es dennoch weiterhin reichlich: So musste etwa die Anpassung der Wahlordnung im Senat und im Wahlausschuss zunächst ausgiebig erörtert werden. Darüber hinaus gestaltete sich die technische Umsetzung äußerst komplex, da neben der Wahl an sich beispielsweise auch das Wahlvorschlägeformular und die Überprüfung des Verzeichnisses der Wahlberechtigten digitalisiert werden sollten.
Kritische Stimmen hat es noch bis zum Tag der Wahl gegeben. Die Tatsache, dass der Anbieter des Online-Wahlsystems an der Universität bereits als verlässlicher Partner bekannt war, konnte das Vertrauen in die webbasierte Lösung jedoch stärken.
berichtet Judith Ricken.„Wir arbeiten schon lange mit Electric Paper zusammen und hatten die Kern-Wahlsoftware uniWAHL bereits im Einsatz und für gut befunden. Dass wir diese erprobte Software um eine Online-Option erweitern konnten, hat die interne Entscheidung für die Lösung auf jeden Fall erleichtert.“,
uniWAHL ermöglicht sichere Online-Wahlen
Bei uniWAHL handelt es sich um eine Komplettlösung, die den gesamten Wahlvorgang verwaltet und in Kombination mit dem Dienstleistungsangebot uniWAHL OWS auch die Stimmabgabe über das Internet ermöglicht. In einer digitalen Wahlkabine wird den Wählenden automatisch der passende Stimmzettel angezeigt und das Wahlergebnis maschinell berechnet.
Bedenken, dass onlinebasierte Wahlen mit dem uniWAHL Online-Wahlsystem womöglich nicht sicher sein könnten, müssen Wahlveranstalter und Wählende nicht haben: Neben regelmäßigen Penetrationstests nach BSI Pentest-Katalog bietet die Lösung unter anderem eine garantiert verschlüsselte und Ende-zu-Ende verifizierbare, datenschutzgerechte Verarbeitung. Ein pseudonymisiertes Verzeichnis der Wahlberechtigten stellt sicher, dass keine Daten der Wählenden auf den Servern landen. Bereitgestellt wird das Online-Wahlsystem aus dem hochsicheren und georedundanten Rechenzentrum der Deutschen Telekom.
Personlicher Support kann überzeugen
Damit auch die Einarbeitung in die Software reibungslos abläuft, bietet Electric Paper seinen Kunden zunächst zwei Workshops an.
erläutert Jennifer Pätsch, die das Wahlteam in technischen Angelegenheiten unterstützt hat.„Ich muss aber ganz ehrlich sagen: Die Software ist wirklich super selbsterklärend und es ist recht einfach, sich da selbst reinzufuchsen. Einer Kollegin habe ich die Funktionen einmal erklärt, und auch sie hatte sofort alles drauf. Man muss nur ein paar Kniffe kennen.“,
Hat doch einmal etwas nicht funktioniert, so war das Support-Team des Anbieters stets zur Stelle:
freut sich Jennifer Pätsch.„Der Support war wirklich richtig gut! Bei Fragen und Problemen hat man immer schnell eine Antwort bekommen – auch wenn es noch am gleichen Tag sein musste. Und: Die Ansprechpartner waren immer sehr freundlich und sind auch in stressigen Situationen ruhig geblieben.“,
Diese Gelassenheit habe auch viele interne Probleme gelöst: Kamen etwa Bedenken im Senat auf, konnten die Mitarbeiter von Electric Paper anwenderfreundliche, für technische Laien gut verständliche Erklärungen liefern, mit denen sie Zweifler beruhigen und rasch überzeugen konnten.
Störungsfreie Echtwahl nach Testwahlen
Vor der Live-Wahl wurden zwei Testwahlen abgewickelt, an denen relativ viele Testwählende teilgenommen haben: einmal rund 70 und einmal etwa 50 Personen. Wichtig war der RUB hierbei, dass die Testwahlen mit dem echten gültigen Verzeichnis der Wahlberechtigten durchgeführt und verschiedene Fakultäten abgedeckt werden. Nur so habe man auf Nummer sicher gehen können, dass alle Wählenden am Ende auch tatsächlich den richtigen Stimmzettel erhalten.
Waren während der Testwahlen noch ein paar Korrekturen nötig, ist die Echtwahl am 13. und 14.6.2023 absolut störungsfrei abgelaufen. Angesichts der 98 Stimmzettel war das Wahlteam insbesondere von der schnellen Auszählung beeindruckt, die in Zusammenarbeit mit Electric Paper erfolgte. Hierfür wurde von Electric Paper eine JSON-Datei erzeugt, welche die Universität in das uniWAHL-System importiert hat und so per Mausklick das Wahlergebnis abrufen konnte.
Fazit: Wahlbeteiligung steigt
Neben dem schnellen Wahlergebnis konnte auch die gute Wahlbeteiligung überzeugen: Sie war höher als in den letzten Jahren und hat selbst gegenüber der Vor-Corona-Zeit zugelegt. Besonders groß war der Unterschied bei den Mitarbeitenden aus Technik und Verwaltung: Lag die Wahlbeteiligung in dieser Statusgruppe im Senat 2020 bei nur 15,3 %, ist sie 2023 auf 36,3 % gestiegen..
ergänzt Annika von Hof, die das Wahlbüro leitete und die juristische Beratung für das Wahlverfahren übernommen hat.„Dadurch, dass wir die Wahlberechtigten per E-Mail angeschrieben haben und diese sich einfach mit ihren Intranet-Zugangsdaten von überall aus einloggen konnten, haben wir viel mehr Wahlberechtigte erreicht.“,
Entgegen den zahlreichen kritischen Stimmen im Vorfeld hat das Projektteam nach der Wahl von allen Seiten ein sehr gutes Feedback bekommen. Gelobt wurde unter anderem die Anwenderfreundlichkeit der Lösung. Die Fakultäten wiederum sind erfreut darüber, dass sie sich nicht mehr um den Betrieb der Wahllokale und die Stimmenauszählung kümmern müssen.
Das Wahlteam selbst hatte durch die Umstellung von Präsenz- und Briefwahlen auf Online-Wahlen und den damit verbundenen internen Hürden dieses Mal zwar mehr Arbeit als zuvor, erhofft sich für die Zukunft aber eine Aufwandsreduktion. In jedem Fall sind sich alle einig: Zurück zu analogen Wahlen möchte die Ruhr-Universität Bochum nicht mehr.